FEHLER 1: VIEL ZU VIEL!
„Hubraum kann durch nichts ersetzt werden“, ist ein Spruch der Benzinbrüder-Fraktion, der leicht abgewandelt anscheinend auch für viele eifrige Laufsportler gilt: „Umfang kann durch nichts ersetzt werden.“ Dabei schlummert bei den meisten Läufern das Verbesserungspotenzial eher in vielen anderen Bereichen als im wöchentlichen Kilometerumfang: „Athletik, Lauftechnik, Regeneration sind jene Bereiche, die sehr oft sträflich vernachlässigt werden. Der größte Teil der Hobbyläufer hat eine Abduktorenschwäche, also eine geschwächte Gesäß- und Hüftmuskulatur. Auch die so wichtige Rumpfmuskulatur ist meist zu schwach. Nicht von ungefähr sieht man bei einem Marathon unzählige Beinachsenfehlstellungen.“

Die Schlussfolgerung: Das Lauftraining gezielt durch Kräftigen, Dehnen und Techniktraining aufzufetten ist viel effektiver, als den Wochenumfang von 40 auf 50 km auszuweiten. Das spart Trainingszeit, ermöglicht gesünderes und schnelleres Laufen. Optimal ist, wenn dieses „Reparaturprogramm“ schon im Winter gestartet wird.

FEHLER 2: SCHMERZEN NEGIEREN
Das zuvor Gesagte führt uns gleich dazu, dass Muskelschwächen, Dysbalancen, mangelnde Beweglichkeit und Co. nicht nur an der Leistung knabbern, sondern oft dafür verantwortlich sind, wenn Läufer von einer kleinen Verletzung zur nächsten taumeln. Oder chronische Schmerzen haben. Speziell für Männer gilt: „Über 30 sinkt der Testosteronspiegel immer mehr ab und die Muskelkraft sinkt. Spätestens dann ist regelmäßiges Krafttraining zur Verletzungsvorbeugung Pflicht“, rät Herwig Reupichler.

In diese Fehlerkategorie gehört auch das Negieren von Regenerationszeiten. Zur Erinnerung: Jede 4. Trainingswoche sollte eine Regenerationswoche sein, die auch so im „Mikro-“, „Meso-“ und „Makrozyklus“ (also von der Wochen- bis zur Jahresplanung) in jedem Trainingsplan eingebaut sein muss.

FEHLER 3: DER „EINHEITSBREI“
Das Prinzip der Varianz ist eines der wichtigsten und zugleich am häufigsten missachteten Trainingsprinzipien. „Der Körper gewöhnt sich sofort an eine bestimmte Belastung. Wenn man also immer das Gleiche trainiert, verbessert man sich zuerst, dann bleibt man eine Zeit lang auf einem Niveau stehen, und schließlich wird man sogar wieder schlechter“, sagt der Experte. Die Lösung: Ob bei der Wahl der Laufstrecke, bei der Intensität oder bei der Trainingsgestaltung – ständige Veränderung ist gefragt, um vorwärts zukommen. „Gleichförmigkeit stumpft ab, neue Reize bringen euch weiter.“

FEHLER 4: TREUE ZUM LAUFSCHUH
Seit Laufschuhgenerationen auf ein Modell vertrauen? Ist schon okay – aber nur, wenn gleichzeitig ein anders konstruiertes Paar abwechselnd zum Einsatz kommt. Denn was passiert, wenn man ein ganzes „Schuhleben“ , vielleicht sogar 1.000 km lang, immer mit dem gleichen Paar läuft? „Der Schuh baut ab, die Dämpfung wird dünner, was eine immer stärkere Belastung auf die ständig gleichen Muskelgruppen ergibt.“ Besser wäre es zum Beispiel, einen stabilen (für die langen Läufe) und einen flexiblen Schuh (fürs Tempotraining) einzusetzen – beide um ein paar Wochen zeitversetzt gekauft.

FEHLER 5: IM „WOHLFÜHLBEREICH“
Ist okay, wenn man reiner Gesundheitsläufer ist. Sobald es aber darum geht, sich leitungsmäßig zu verbessern, ist das „Wohlgefühl“ ein schlechter Ratgeber: „Damit ist man nämlich mitten im Kohlenhydratstoffwechsel. Es fühlt sich leicht an, ist nicht zu  intensiv, plaudern kann man auch locker, was ja immer empfohlen wird“, weiß der Sportwissenschafter. „Aber leider ist es nicht wirklich trainingswirksam! Echte Champions kennen zwei Gangarten: Ganz locker oder echt hart. Der Trainingsbereich Nummer 1, in dem man sich die meiste Zeit über bewegen soll, liegt um die aerobe Schwelle. Also der Fettstoffwechselbereich, wo die so wichtigen Ökonomisierungseffekte stattfinden. Nur muss man halt verkraften, dass man auf der Trainingsstrecke von den meisten anderen überholt wird …“

Diese Grundlagen einheiten sind die Basis – aber die „Würze“ dazu sind Intervall- und Tempoläufe, Fahrtspiele an oder über der anaeroben Schwelle, also im Bereich ab 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz. „Das ist der zweite Trainingsbereich, der gute Fortschritte bewirkt, weil er den Herzmuskel am besten stärkt. Wichtig dafür ist bloß, dass man internistisch gesund ist. Heißt: Holt euch grünes Licht bei einem Belastungs-EKG!“

FEHLER 6: WETTKAMPF SIMULIEREN
Auch das ist ein Fehler, der gar nicht so selten passiert: Möglichst oft im Wettkampftempo trainieren! Oder zum Beispiel als Halbmarathonkandidat vorher möglichst oft die 21 km laufen! Unser Laufcoach erklärt, warum die Wettkampfsimulation eine falsche Trainingsstrategie ist: „Wer einen 5-Minuten-Schnitt im Wettkampf anpeilt, sollte lieber 1.000 m-Intervalle mit 4:00 min laufen. Dabei profitiert man einerseits koordinativ, andererseits wird der Stoffwechsel gefordert. Resultat ist, dass sich im Bewerb die 5:00 min viel leichter anfühlen, wenn man 4:00 zu laufen imstande ist.“

FEHLER 7: „DAS „POWERFINALE“
Der Zielsprint bis zur Haustür, weil der Nachbar bewundernd über den Gartenzaun schaut; oder aber das Gefühl, noch Reserven zu haben, die man schnell noch in der kurzen, verbliebenen Trainingszeit abbaut. Welches Motiv auch immer dahintersteckt: Das oft praktizierte „Powerfinale“ einer Trainingseinheit soll man sich lieber abgewöhnen. Was dabei passiert, erklärt Herwig Reupichler: „Es entstehen im letzten Moment extrem hohe Laktatwerte. Das Laktat – also das Salz der Milchsäure, das als Abfallprodukt der Belastung entsteht – lagert sich dadurch in der Muskulatur ein und verzögert die Regenerationszeit enorm!“ Wer das weiß, bewältigt die letzten Trainingsminuten betont locker, schwemmt damit noch möglichst viel Laktat aus der Muskulatur aus – und ist danach schnell wieder fit.

FEHLER 8: TRAINING AUFSTOCKEN
Viele Wege führen nach Rom. Oder besser: zum Trainingziel. Es gibt unzählige Methoden und Empfehlungen zur Trainingsgestaltung. Sich aber gleichzeitig aus mehreren Quellen die vermeintlichen Rosinen rauszupicken, oder einen vom Coach erstellten Trainingsplan ohne Rücksprache noch mit weiteren Einheiten „aufzustocken“, hat allerdings noch nie zum Erfolg geführt. „Wer sich für eine Trainingsmethode entschieden hat, sollte diese durchziehen. Und sich auch durch ‚gut gemeinte Ratschläge‘ anderer nicht rausbringen lassen. Hinter jedem professionellen Trainingsplan steht ein System, ein Gesamtkonzept, das aber aus dem Gleichgewicht gerät, wenn man sich nicht daran hält.“

FEHLER 9: TECHNIK STATT GESPÜR
Die Technisierung des Trainings hat zweifellos ihre Vorteile. „Aber immer mehr Hobbysportler/-innen fehlt das Gefühl für den eigenen Körper, weil sie sich nur auf den ,Tacho‘ am Handgelenk verlassen. Typisches Zeichen: In Wettkämpfen brechen die Leute am Ende reihenweise ein, das hat es früher nicht gegeben“. Herwig Reupichler empfiehlt daher, ab und zu ein „Tempogefühlstraining“ durchzuführen – und zwar so: „Dabei läuft man nur nach Gefühl 500 m-Intervalle in der geplanten Wettkampfgeschwindigkeit. Beispiel: Wer über 10 Kilometer eine 40-min-Endzeit anvisiert, der sollte versuchen, die 500 m auf der Laufbahn in 2:00 min zu laufen. Dabei nach jedem Intervall auf die Uhr schauen, um sich den 2 Minuten schrittweise anzunähern und ein Gefühl fürs Tempo zu entwickeln.“

FEHLER 10: LANG IST NICHT SCHNELL
Es stimmt, dass ein ökonomischer Laufstil eine gewisse Schrittlänge voraussetzt, die von vielen Hobbyläufern nicht erreicht wird. Wie man seine Schrittlänge verbessert, wird aber meist missverstanden: „Wer einfach raumgreifendere Schritte macht, landet auf der Ferse und bremst damit“, sagt Herwig Reupichler, „der Fuß soll keinesfalls vor dem Körperschwerpunkt aufgesetzt werden“. Die Faustregel: Wer im Laufen nach unten schaut, sollte den Fuß beim Auftreten nicht sehen. Wie aber entwickelt man seine Schrittlänge? Da sind wir wieder wir beim eingangs Gesagten: Eine optimale Schrittlänge setzt starke Hüftstreckung voraus, die durch gezieltes, regelmäßiges Dehnen und Kräftigen, sowie durch spezielle Lauftechnik-Übungen (Lauf-ABC) zu erreichen ist.

Quelle: Sportaktiv

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