Auch im Ausdauertraining kursieren zahlreiche „Falschheiten“, denen viele Halbinformierte erliegen, die aber trotzdem krasse Irrtümer sind.

  • „NUR AUSDAUERTRAINING VERBESSERT DIE AUSDAUERLEISTUNG“
    Das gilt quasi als „Aufwärmrunde“ – weil viele Läufer, Biker und andere Ausdauersportler ja wenigstens theoretisch wissen, dass neben Herz- Kreislauf-Einheiten natürlich auch Athletik- und Koordinationsanteile im Trainingsplan wichtig sind. Bloß: Bei Zeitmangel fallen solche „ergänzende Trainingsanteile“ als erstes weg – was zu kurzsichtig gedacht ist, wie Michael Mayrhofer weiß: „Wer nur oder fast nur Ausdauer trainiert, schränkt sich selbst einerseits wegen häufiger Verletzungen ein. Und er verzichtet auf mögliche Leistungsentwicklung durch schwache Muskeln oder Muskelgegenspieler. Es gilt immer: Das schwächste Glied entscheidet!“ Und er nennt ein einfaches Beispiel: „Fast alle Ausdauer-Hobbyathleten haben eine extrem verkürzte hintere Oberschenkelmuskulatur – und die wirkt wie eine Bremse.“
  • „ICH BRAUCH NICHTS ÄNDERN – ICH HABE MEIN ERFOLGSTRAINING SCHON GEFUNDEN“
    Auch der beste Freund kann ein falscher Fuffziger sein. Gemeint ist eine Trainingsmethode, mit der man gute Erfahrungen gemacht, vielleicht sogar einen großen Erfolg gefeiert hat. „Wer glaubt, ein Erfolgserlebnis einfach reproduzieren zu können, indem man alles gleich wie beim ersten Mal macht, der hat das Prinzip von Training leider nicht verstanden“, sagt Mag. Mayrhofer. Training bedeutet nämlich, vereinfacht gesagt, die provozierte Anpassung des Körpers an einen Reiz, den der Körper noch nicht kennt. Alles, was der Körper schon einmal erlebt hat, hat er noch abgespeichert – und das führt daher nicht mehr zum optimalen Resultat. Außerdem sind die Voraussetzungen, die man selber mitbringt, nie zu zwei unterschiedlichen Zeitpunktengleich. Wenn man das weiß, ist auch klar, dass man nicht einfach das sportliche Erfolgsrezept eines anderen kopierenkann. Welcher Schluss daraus zu ziehen ist? Erstens: Jede Form von Routine stumpft ab. „Meine Hausrunde“, „mein Tempo“ oder „mein Pulsbereich“ sind „falsche Freunde“. Wer erfolgreich sein will, streicht solches Denken aus dem Kopf, hinterfragt sein sportliches Tun ständig und setzt mindestens zweimal im Jahr neue Reize. Und zweitens: Wer euch eine bestimmte Trainingsmethode eins zu eins als Erfolgsrezept empfiehlt, ist sowieso ein Scharlatan…
  • „EIN BLICK AUF DIE PULSUHR SAGT MEHR ALS MEIN GEFÜHL“
    Vorweg: Diese Richtigstellung gilt nicht nur für den Puls, sondern für alle anderenmessbaren Leistungsparameter, wie Laktat oder Watt: Ihr sollt und könnt euer Gefühl für den eigenen Körper nie durch ein technisches Hilfsmittel ersetzen! Michael Mayrhofer: „Die Wissenschaft suggeriert Sicherheit durch Technik, doch die unterschiedlichen leistungsbestimmenden Faktoren sind viel zu zahlreich, als dass man sie mit Zahlen oder messbaren Fakten einfach festhalten kann. Zu diesen leistungsbestimmenden Faktoren zählen zum Beispiel Technik, Taktik, Strategie, Tagesverfassung, mentale Stärke und vieles mehr.“ Erfolgreiche Sportler arbeiten ein Leben lang daran, in möglichst vielen Situationen das Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln. Pulsuhr und Co. können dabei helfen, sollten aber nicht als absolut gültig genommen werden.
  • „JE WISSENSCHAFTLICHER DAS TRAINING IST, DESTO BESSER“
    Und damit gleich als Fortsetzung zum vorhin Gesagten: Das exakte Einhalten von empfohlenen Leistungsparametern wie Puls oder Watt im Training führt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zum bestmöglichen Resultat. Auch nicht, wenn die Fortschritte objektiv – etwa anhand von Laktatwerten – messbar sind. „Sonst bräuchte man keine Wettkämpfe mehr abhalten und könnte den Sieger ja gleich im Labor bestimmen“, meint unser Experte etwas überspitzt. Die „Verwissenschaftlichung“ im Ausdauer-Leistungssport, der man vor allem in Westeuropa erlegen ist, hätte letztlich kaum messbare Fortschritte gebracht. „Die wirklich Erfolgreichen – wie Felix Gottwald – waren bekannt dafür, Laktatwerte nicht übermäßig ernst zu nehmen. Noch einmal: Diese Werte sind aussagekräftig, und gerade im Beginn einer sportlichen Laufbahn wichtig – aber das Gespür für den eigenen Körper zu erlernen und ständig zu entwickeln, ist noch viel wichtiger“.
  • „ICH BIN BESTENS BETREUT: MEIN TRAINER SAGT MIR GANZ GENAU, WO ES LANGGEHT“
    Michael Mayrhofer sieht einen entscheidenden Unterschied zwischen einem Trainer und einem Coach: „Der Trainer kümmert sich um den Einsatz der richtigen Trainingsmittel, erstellt einen Trainingsplan, motiviert seinen Schützling und treibt ihn an.“ Schön, aber nicht das Optimum. „Sucht euch lieber einen Coach, denn der sieht es als vorrangige Aufgabe, einen mündigen Athleten zu entwickeln. Er hilft euch dabei, eure Körperwahrnehmung oder Wahrnehmung von Stressoren zu schulen und ständig weiterzuentwickeln. Er legt Wert auf einen ganzheitlichen Ausbau körperlicher und mentaler Fähigkeiten, und er nimmt bei der Trainingsplanung Rücksicht auf eure Zeitressourcen durch Beruf oder Familie.“ Aber auch der Coach kann es letztlich nie besser wissen als der mündige Athlet selbst, welche Trainingseinheit gerade die ideale ist, ob Gas geben oder Regenerieren erforderlich sind. Er kann nur gemeinsam mit dem Sportler das Optimum herausfinden.

Quelle: Sportaktiv

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